ADB:Childebert I.

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Artikel „Childibert I., merovingischer Frankenkönig“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 470–471, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Childebert_I.&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 13:29 Uhr UTC)
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Childibert I., merovingischer Frankenkönig, Sohn Chlodovech’s und der burgundischen Königstochter Hrotehild (vgl. beide Artikel), a. 511 bis 558, erhielt nach dem Tode des Vaters bei der Reichstheilung (von a. 511) mit seinen drei Brüdern Theuderich I., Chlothachar I. und Chlodomer das Land zwischen Seine, Loire und Meer, die Bretagne, ein Stück der Normandie (das andere Chlothachar), Aremorica und aus dem ehemaligen Gebiet des Syagrius (vgl. den Artikel Chlodovech) die Brie: seine Hauptstadt war Paris. Mit seinen beiden Vollbrüdern (Theuderich der Aelteste, war der Sohn einer Beischläferin) machte er a. 516 einen Angriff auf das tief gespaltene Burgundenreich seiner mütterlichen Oheime, der aber nach anfänglichen Erfolgen mit einer Niederlage bei Véséronce scheiterte, wo Chlodomer fiel: die beiden Vollbrüder theilten sich in sein Reich, wobei Ch. die Lande an beiden Loire-Ufern mit Orléans erhielt: von den drei noch unwehrhaften Söhnen Chlodomer’s wurden zwei von Chlothachar eigenhändig ermordet, der Dritte verschwand in einem Kloster: merovingische Oheime liebten diese Art Auseinandersetzung mit ihren jungen Neffen. Später, a. 531, wollte Ch. eidbrüchig die Theuderich gehörige Auvergne in dessen Abwesenheit in thüringischen Kämpfen an sich reißen, eine Empörung der dortigen Romanen benützend. Er bemächtigte sich auch der Hauptstadt, Clermond-Ferrand, floh aber schleunig bei Theuderich’s Rückkehr. Erfolgreich dagegen war ein Zug gegen seinen Schwager, den Westgothenkönig Amalarich, zur Befreiung seiner Schwester Hrotehildis, die jener um ihres katholischen Bekenntnisses Willen misshandelte (vgl. den Artikel Amalarich). Der Westgothe ward bei Narbonne geschlagen: er fand bald darauf den Tod: Ch. führte mit reicher Beute die Schwester zurück, die aber unterwegs starb. Bei Theuderich’s Tod, a. 533, wollten die Oheime dessen Sohn Theudibert I. wie vor kurzem die Söhne Chlodomer’s vom Vatererbe ausschließen: als aber das an Theudibert’s Raschheit und seiner „leudes“ Anhänglichkeit scheiterte, trat Ch., in einem bei den merovingischen Familienkämpfen so häufigen plötzlichen Umschlag, ganz auf des Neffen Seite und nahm – er hatte keine Söhne – ihn zum Wahlsohn an unter vielen Geschenken. Schon vorher (a. 532) war ein neuer Angriff der Vollbrüder auf Burgund gelungen und hatte zur Theilung dieses Reiches geführt: jener zog nun (a. 537) mit Theudibert gegen seinen Bruder, der aus schwerer Gefahr nur durch ein Gewitterwunder Sanct Martin’s gerettet wurde, das die Angreifer zum Friedensschluß bewog. Neuer Zwist entstand bald darauf, als Ch. Theudibert bestimmte, sich mit ihm allein in die von den Ostgothen an alle drei Merovingen bezahlten Hilfsgelder zu theilen (a. 536–538), unter Ausschluß Chlothachar’s: dieser hielt sich schadlos, indem er Chlodomer’s hinterlassene Schätze für sich allein wegnahm. Aber a. 542 verband sich Ch. wieder mit Chlothachar zu einem Feldzug gegen den Westgothenkönig Theudis in Spanien, der nach einigen Erfolgen (Einnahme Pampelona’s) doch mit Niederlage und Rückzug endete. Jedoch mit einer sogar bei diesem Geschlecht überraschenden Treulosigkeit unterstützte Ch. in der Folge die Empörung von Chlothachar’s Sohn Chramn gegen den Vater, wider den er, der eifrige Katholik, um ihn über den Rhein hinüber zu entfernen, die heidnischen Sachsen zu den Waffen rief (a. 557). Es war sein letzter Anschlag gegen den Bruder; er starb a. 558; da er von seiner Gattin Vultrogotho nur zwei Töchter, Chrotberga und Chrotsinda, hinterließ, fiel auch sein Reich an Chlothachar, der die Wittwe und die Töchter ins Exil schickte, d. h. wol in ein Kloster einbannte und nun bis zu seinem Tod (a. 561) alle Theilstaaten des Frankenreiches unter sich vereinte.

[471] Quellen und Litteratur: Dahn, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker III, 1883, S. 70–121; – Deutsche Geschichte, I b, 1888, S. 111–122; – Die Könige der Germanen VII 3, 1895, S. 449.