ADB:Roon, Albrecht Graf von

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Artikel „Roon, Albrecht Theodor Emil von“ von B. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 138–143, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Roon,_Albrecht_Graf_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:23 Uhr UTC)
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Roon: Albrecht Theodor Emil v. R., geboren am 30. April 1803 zu Pleushagen bei Kolberg, war der Sohn eines Rittergutsbesitzers, der in jungen Jahren in der preußischen Armee gedient hatte. Sein Vater war dreimal verheirathet und R. sein jüngster Sohn aus seiner dritten Ehe mit Ulrike v. Borke. Mit Bezug auf die späteren Thaten Roon’s ist es ein eigenthümliches Zusammentreffen, daß die Roons einer französischen Emigrantenfamilie angehörten und daß er als Knabe die ersten Wirkungen des Krieges durch die französische Besetzung von Pommern kennen lernte. Nach dem Tode des Vaters im J. 1811 übernahm zunächst seine Großmutter, die Majorin v. Borke in Alt-Damm bei Stettin, die Erziehung des Knaben. Die Familie erlitt hier theils durch französische, theils durch preußische und russische Truppen große Drangsale. 1816 trat Albrecht in das Kadettencorps in Kulm ein, wo der 1818 zum Commandeur ernannte Major Woyna bald seinen Fleiß und seine Fähigkeiten erkannte, sodaß er kaum 16 Jahre alt in die zweite Classe des Berliner Kadettenhauses versetzt wurde. Am 9. Januar 1821 trat er als Secondlieutenant in das in Stargard stehende 14. Infanterieregiment. Die Verhältnisse der Familie hatten sich inzwischen verschlechtert, das väterliche Gut wurde verkauft und bald stand der strebsame Officier auch mütterlich verwaist da. 1824 zur allgemeinen Kriegsschule einberufen, zeigte er einen unermüdlichen Fleiß und besuchte auch die Universitätsvorlesungen Ritter’s und Raumer’s. 1827 ward er in das 15. Infanterieregiment in Minden versetzt und schon im darauffolgenden Jahre erhielt der junge Officier den ehrenvollen Ruf als Erzieher im Berliner Kadettenhause, wo ihm das seltene Glück zu Theil wurde, die geographischen Vorträge Ritter’s an dessen Stelle fortzusetzen. 1832 erschien Roon’s erster Leitfaden der Geographie, von welchem in wenigen Jahren mehr als 40 000 Exemplare verkauft wurden. Er war indessen am 20. Juli 1831 bereits Premierlieutenant geworden und ging bald wieder nach Minden zurück. Gelegentlich der Aufstellung eines Observationscorps an der belgischen Grenze von Seiten Preußens, wurde R. zum Hauptquartier des Generals der Infanterie von Müffling commandirt. Obgleich diese Stellung nur von kurzer Dauer war, wurde sie durch das Verhältniß, in das er zu Müffling getreten war, für ihn von großer Wichtigkeit. Nicht minder bedeutsam gestaltete sich seine Beschäftigung im topographischen Bureau, wo er seine Kenntnisse dergestalt erweiterte, daß er 1835 in der allgemeinen Kriegsschule über Taktik und Geographie lesen konnte. 1836 wurde er Hauptmann im großen Generalstabe, wo er bis 1850 blieb. Er vermählte sich in ersterem Jahre mit Anna Rogge, der Tochter des Pastors Rogge zu Groß-Tinz bei Liegnitz. Im J. 1837 veröffentlichte er, als Frucht damals noch seltener Studien und einer fast neuen Wissenschaft, den ersten Theil der militärischen Länderbeschreibung von Europa. 1839 erschien die Militärgeographie [139] der iberischen Halbinsel. Nach einer beinahe zweijährigen Krankheit, die ihn Gefahr laufen ließ die militärische Laufbahn zu verlassen, wurde er am 12. April 1842 zum Major befördert, und dem Generalstabe des siebenten Armeecorps in Münster beigegeben, aber noch in demselben Jahre trat er wieder als Lehrer der allgemeinen Kriegsschule ein. Während dieser Zeit wurde ihm die Ehre zu theil, für Geographie und Taktik der Lehrer des jungen Prinzen Friedrich Karl und am 3. Februar 1846 dessen militärischer Begleiter zu werden. In dieser Stellung ging er mit dem Prinzen zur Universität Bonn. Er befreundete sich hier eng mit Professor Perthes, mit welchem er bis zu dessen Tode im J. 1867 brieflich verkehrte. Nachdem Prinz Friedrich Karl im J. 1848 die Universität Bonn verlassen hatte, kehrte er am 18. März zum Großen Generalstabe zurück, aber schon am 16. Mai wurde er dem Generalstabe des 8. Armeecorps in Coblenz beigegeben, um am 22. August desselben Jahres Chef dieses Stabes zu werden. Während des verhängnißvollen Jahres 1849 erhielt R. die hervorragende Stellung eines Generalstabschefs des ersten Armeecorps, dessen commandierender General von Hirschfeld I. war. Zwischen dem 13. und 19. Juni gelang es bekanntlich dem ersten Armeecorps, die Rheinpfalz von den Aufständischen zu befreien. In Gemeinschaft mit dem Neckarcorps trieb es die badischen Insurgenten über die Schweizer Grenze. Da der Prinz von Preußen den Oberbefehl über die beiden preußischen Armeecorps und die Bundestruppen hatte, trat R. in diesem Feldzuge dem späteren Könige und deutschen Kaiser näher, sodaß dieses Zusammentreffen entscheidend für sein ganzes Leben wurde. Am 26. September 1850 stieg er zum Oberstlieutenant auf und genau drei Monate später erhielt er das Commando des 33. Infanterieregiments, welches anfangs in Thorn, dann in Königsberg und bald darauf in Köln in Garnison stand. Schon am 2. December 1851 wurde er Oberst bei demselben Regimente. Da der Prinz von Preußen damals Gouverneur der Rheinprovinz und Westfalens war, so mußten Roon’s Berührungspunkte mit ihm noch häufiger werden. Sowol seine früher erwähnten umfassenden Studien, wie die dienstliche Praxis die er sich in den bisherigen Garnisonen erworben hatte, hatten ihn längst die Schäden der damaligen preußischen Heeresorganisation wahrnehmen lassen. Das Heer war nicht allein numerisch ungleich schwächer als das französische, sondern schon 1842 hatten sich, gelegentlich der großen Manöver des 7. und 8. Corps, bei der Landwehr bedenkliche Symptome herausgestellt. Die Ansichten der fremden Officiere, welche diesen Manövern beigewohnt hatten, waren für R. geradezu niederschlagend gewesen. Am 26. Juni 1856 wurde er Commandeur der 20. Infanteriebrigade in Posen. Nachdem der Prinz von Preußen am 9. Oct. 1858 die Regentschaft übernommen hatte, rückte R. am 15. October desselben Jahres zum Generalmajor hinauf. Von diesem Augenblicke an beginnt die eigentliche höhere Laufbahn dieses preußischen Feldherrn. Schon gelegentlich einer persönlichen Meldung in Babelsberg hatte er Befehl zur Ausarbeitung eines Reorganisationsplanes der Armee erhalten. Er benutzte einen Badeaufenthalt in Colberg zu dieser äußerst schwierigen Arbeit, und schon am 21. Juli desselben Jahres, nach kaum einmonatlicher Muße, konnte er dieselbe dem hohen Auftraggeber vorlegen. Von dem Grundsatze ausgehend, daß die Landwehr eigentlich nur ein Notbehelf war und zu den neueren Verhältnissen in keiner Weise mehr passe, daß sie in politischer Beziehung Mißstände mit sich führe und militärisch schwach sei, setzte er vor allem die Nothwendigkeit auseinander, die Cadres von Officieren und Unterofficieren zu vermehren. Zu diesem Zwecke müßten die bisherigen Bildungsanstalten erweitert, die dreijährige Dienstzeit beibehalten und eine stärkere Rekrutenaushebung eingeführt werden. Um sich von der Tragweite dieser Maßregeln eine Vorstellung zu machen, muß man sich erinnern, daß die [140] preußische Heeresstärke im Frieden im Jahre 1820 aus 130 000 und im J. 1854, mithin 34 Jahre später, nur aus 8000 Mann mehr bestand, während der Präsenzstand Frankreichs im Frieden 400 000 Mann, mithin 262 000 Mann mehr als der preußische ausmachte. Von der im J. 1833 bei der Infanterie eingeführten zweijährigen Dienstzeit war bald nicht mehr ernstlich die Rede gewesen. Der Landwehr fehlte es vor allen Dingen an jüngeren Leuten und an kriegstüchtigen Officieren. Da die Generale Willisen und Bonin schon früher Reorganisationspläne entworfen hatten, so verglich der Prinzregent den neuen sehr sorgfältig mit den alten unzureichenden und faßte darnach seine Entschlüsse.

Nachdem R. am 22. November 1858 Commandeur der 14. Division in Düsseldorf geworden war, ordnete der Prinzregent am 8. Januar 1859 die Bildung einer förmlichen Reorganisationscommission an. Es kam indessen zu keinem Zusammentritte einer solchen, denn da mittlerweile Verwicklungen zwischen Oesterreich und Frankreich eingetreten waren, vermied man sorgfältig, dem Auslande die Schwäche des preußischen Heeres zu zeigen. Bei der Mobilmachung behielt R., der am 31. Mai 1859 zum Generallieutenant befördert worden war, das Commando der 14. Division, welche im Monat Juni bei Köln zusammengezogen wurde. Am 2. September desselben Jahres erging an ihn der Befehl sich mit dem Kriegsminister von Bonin wegen der Heeresreorganisation zu berathen. Nach öfteren Sitzungen konnte man Mitte October sämmtliche Vorarbeiten zu der so wichtigen Maßregel beenden. Am 31. October 1859 trat endlich, auf besonderen Befehl des Prinzregenten, die früher bereits geplante Berathungscommission zusammen, die aus dem Generalfeldmarschall von Wrangel als Vorsitzenden, den Generalen Fürst Radziwill, v. Werder, Prinz August von Württemberg, von Schack, Prinz Friedrich Karl, v. Steinmetz, v. Roon, Prinz Friedrich Wilhelm, v. Alvensleben II., v. Schlemüller, v. Bialcke, von der Mülbe und dem Obersten v. Clausewitz zusammengesetzt war. Der Prinzregent legte der Commission vier Hauptfragen vor, und nach Kenntnißnahme von den Sitzungsprotokollen arbeitete er den Reorganisationsentwurf selbst durch, indem er ihn dem Chef des Militärcabinettes Freiherrn Edwin v. Manteuffel in die Feder dictirte. Behufs Ausführung des Planes, und dies charakterisirt die hohe Meinung, welche der Prinzregent damals schon von Roon hatte am besten, ernannte er ihn, den jüngsten Generallieutenant der Armee, am 5. December 1859 an Bonin’s Stelle zum Kriegsminister.

Am 10. Februar 1860 wurden nunmehr dem Landtage die zur Abänderung des Heeresgesetzes vom 3. September 1814 bestimmten Gesetzentwürfe vorgelegt. R. trat bei dieser Gelegenheit zum ersten Male als Redner auf. Seine Stellung gegenüber den liberalen Elementen des Hauses wurde eine schwierige und vielbewegte. Nicht ohne Zerrungen bewilligte der Landtag indessen die Geldmittel zu den beantragten Reformen provisorisch bis Mitte Juni 1861. Nach authentischen Quellen (s. Beilage zum Militärwochenblatte vom Jahre 1879) bestanden die Reformen in folgenden Maßregeln: Bei der Infanterie in der Errichtung von 9 Bataillonen, als dritte Bataillone der bisherigen 9 Reserven-Infanterieregimenter, in der Errichtung von 4 Garde- und 32 Linien-Infanterieregimentern zu 3 Bataillonen, an Stelle der bisher bestandenen und im Kriegsfalle zu mobilisirenden 4 Garde- und 32 Provinzial-Landwehr-Infanterieregimenter, ferner in der Errichtung einer Schulabtheilung, in der Erweiterung der Militärschießschule und in der Verstärkung der Jägerbataillone. Bei der Cavallerie wurden 2 neue Garde- und 8 Linienregimenter errichtet und die Reitschule erweitert. Bei der Artillerie bekamen die Regimenter drei Fußabtheilungen und eine reitende. Auch wurde die Kopfzahl bei den Batterien und Compagnien verstärkt. Bei den Pionieren wurden aus den Pionierabtheilungen zu 3 Compagnien [141] Pionierbataillone zu 4 Compagnien. Beim Train errichtete man eine besondere Inspection und aus den Trainstämmen machte man 9 Trainbataillone zu 2 Compagnien. Endlich wurde beim Gardecorps ein 3. Divisions- und ein 3. Cavalleriebrigadecommando eingeführt und sämmtliche Divisionsstämme wurden durch Intendanturabtheilungen verstärkt. Am 4. Juli 1860, dem Tage an welchem die Truppentheile neue Benennungen erhielten, konnte die Heeresreform in ihren Grundzügen, obgleich die Zustimmung des Landtages noch fehlte, als beendigt bezeichnet werden. Ein weiteres großes Verdienst Roon’s bestand darin, daß er das bisherige Mobilmachungssystem umänderte und an Stelle der zeitraubenden Centralisation im Kriegsministerium, die Mobilmachung den Generalcommandos übertrug. Die Dienstpflicht wurde von 19 auf 16 Jahre herabgesetzt, dahingegen aber die Reservezeit von zwei auf vier Jahre erhöht. Einer der größten Vortheile des neuen Systems bestand unstreitig darin, daß im Falle einer Mobilmachung das gesellschaftliche Leben bei weitem weniger zerrüttet wurde als früher. Treffend sagte R. in Bezug hierauf: „Es sollen die jüngeren Brüder zuerst ihre Haut zu Markte tragen, bevor die Familienväter, die Steuerzahler, an die Reihe kommen, bevor sie das Letzte einsetzen für die Rettung und Unabhängigkeit des Vaterlandes.“ Infolge der Reform war die Feldarmee auf 281 000 Mann, die Reservearmee auf 132 800 und die Besatzungsarmee auf 130 000 Mann gebracht worden, was außer der Artillerie und den Pionieren 544 700 Mann ausmachte.

Nachdem R. den Prinzregenten im October 1860 zu der Zusammenkunft in Warschau begleitet und dieser am 2. Januar 1861 den Thron bestiegen hatte, wurde er am 16. April 1861 auch zum Marineminister ernannt. Die hohe Bedeutung seiner parlamentarischen Kämpfe während der Militärconflictszeit konnte von sämmtlichen Parteien erst nach der späteren Erringung der großen Siege vollständig gewürdigt werden. Die Verbesserungen zeigten sich indessen schon gelegentlich der Krönung, wo die Vertreter des neuen Heeres zum ersten Male zusammen kamen und noch mehr gelegentlich der Kriegsbereitschaft des 4. und 7. Corps in dem Conflicte gegen den Kurfürsten von Hessen, sowie bei den polnischen Unruhen im J. 1863. In ungleich größerem Maßstabe traten darauf die Früchte der Reform im Kriege gegen Dänemark hervor, sodaß auch der Kaiser von Oesterreich R. durch ein höchst anerkennendes Schreiben auszeichnete. Trotz der fortgesetzten Opposition des Landtages ergänzte Wilhelm I. unter Roon’s Leitung die Heeresreform durch die Errichtung selbständiger Festungs-Artillerieregimenter. Bald sollte die Zeit des Triumphes heranrücken: der Krieg mit Oesterreich brach aus, und ohne daß die Kriegsvorbereitungen allzugroße Störungen im Lande hervorgebracht hätten, standen am 5. Juni 1866 8½ Armeecorps schlagfertig an den Grenzen Böhmens und Sachsens. Mit der Westarmee und dem Reservecorps betrug die aufgestellte Truppenmasse nicht weniger als 326 000 Mann. Nachdem R. am 8. Juni zum General der Infanterie ernannt worden war, befand er sich am 3. Juli im Gefolge des Königs bei Königgrätz. Es hat offenbar wesentlich zum Abschlusse des Friedens und zum Nichtausbruche des Krieges mit Frankreich beigetragen, daß das Heer, welches Oesterreich gegenüberstand, nur die Hälfte des Gesammtheeres bildete, das R. seinem Kriegsherrn zur Verfügung stellen konnte. Das gesammte schlagfertige Heer betrug damals nicht weniger als 664 000, nach Anderen sogar über 700 000 Mann. R. erhielt, nachdem er bereits früher durch die höchsten preußischen Ordensclassen ausgezeichnet worden war, am 28. Juli in Nikolsburg den Schwarzen Adlerorden. Nach der Vergrößerung Preußens und der Stiftung des Norddeutschen Bundes, wurde die Armee durch 16 Infanterieregimenter, 3 Jägerbataillone, 8 Dragoner-, 4 Husaren-, 4 Ulanenregimenter, [142] 3 Feldartillerieregimenter, 3 Pionierbataillone und 3 Trainbataillone vergrößert, sodaß es jetzt im Ganzen 12 Armee- und 1 Gardecorps gab. Die noch von 1860 her beibehaltenen 12 Landwehr-Cavallerieregimenter wurden ganz abgeschafft und die Linien-Cavallerieregimenter auf 5 Schwadronen gesetzt. Nach diesen großen Anstrengungen und Erfolgen wurde der Regierung endlich für den bisherigen budgetlosen Zustand Indemnität ertheilt und der Etat für 1867 festgestellt. R. erhielt eine Dotation von 300 000 Thalern und die philosophische Facultät der Universität Halle ernannte ihn zum Dr. honoris causa.

Als die Luxemburger Angelegenheit die Gefahr eines Krieges mit Frankreich näher brachte, mußte sich der Kreis der Thätigkeit Roon’s noch erweitern. Der ganze Mobilmachungsplan mußte umgeändert, das Material der Armee ergänzt, das Trainwesen vervollkommnet werden. Auch der Marine wendete er jetzt größere Thätigkeit zu. Noch war aber das Heeresgesetz vom 3. September 1814 nicht gesetzlich abgeändert, und erst am 18. October 1867 kam die Begründung, nach einem mehr als siebenjährigen Kampfe zu Stande. Am 21. October 1867 schrieb Wilhelm I. eigenhändig an R.: „Soeben empfing ich Ihr Schreiben von gestern mit dem Abdruck des nunmehr festgestellten Wehrgesetzes und fügen Sie den Glückwunsch hinzu, daß endlich nach achtjährigen schweren Kämpfen dies Werk vollendet ist. Wenn ich Ihnen dafür Meinen Dank ausspreche, so weiß ich aber auch, wem ich diesen Sieg verdanke und das sind Sie. Wenn ich den Weg nachgehe, den dieses Werk gegangen ist seit unserer ersten Unterredung auf Babelsberg, bis es nun vollendet ist, so sieht man recht klar, wie das Schicksal die Menschen zusammenfügt um etwas Großes zu schaffen. Empfangen Sie also nochmals Meinen herzlichen und tiefgefühlten Dank für Alles was Sie in den acht Jahren mit Hintenansetzung Ihrer Gesundheit geleistet haben um dies so nöthige Ziel endlich zu erreichen. Mit treuester Dankbarkeit Ihr König Wilhelm.“ Zu derselben Zeit erhielt R. das Großkreuz des badischen Militärverdienstordens. Nach so großen Anstrengungen und harten Kämpfen (er war nicht allein Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, sondern auch des norddeutschen Parlaments) hatte sich bei R. ein Hals- und Nervenleiden herausgestellt, welches seinen Urlaub nun dringlich nöthig machte. Als ihm ein solcher am 20. Dec. gewährt wurde, ersetzte ihn im Kriegsministerium Generallieutenant v. Podbielski und in der Marine der Contreadmiral Jachmann. Am 14. Februar 1869 wurde R. zum Bevollmächtigten beim Bundesrath ernannt und am 14. August mit der Vertretung des Bundeskanzlers, dem er stets treu zur Seite stand, auch in nichtmilitärischen Angelegenheiten betraut.

Alle bisherigen Proben der Thätigkeit Roon’s stellte die gelegentlich der Mobilmachung des norddeutschen Heeres gegen Frankreich zur Erscheinung gekommene in den Schatten. Im Monat August 1870 standen nicht weniger als 1 183 389 Mann und 250 373 Pferde gegen Napoleon’s III. Heere bereit. Im großen Hauptquartier des Königs wohnte R. den Schlachten von Gravelotte, Beaumont und Sedan bei. Bei Sedan hatte er den Schmerz seinen zweiten Sohn, welcher Batteriechef beim Garde-Feldartillerieregiment war, zu verlieren. Während der Belagerung von Paris feierte er am 9. Januar 1871, leider in krankem Zustande, sein 50jähriges Dienstjubiläum. Nach der Uebersendung eines neuen äußerst anerkennenden Schreibens, erschien der König am Vormittage des Festtages selbst zur Beglückwünschung in der unweit des Schlosses gelegenen Wohnung Roon’s. Am Tage des Einzuges der Truppen in Berlin, am 18. Juni 1871, wurde er in den erblichen Grafenstand erhoben und am Jahrestage der Schlacht von Sedan schenkte der König ihm zwei eroberte Geschütze. Zu Weihnachten schrieb ihm Wilhelm I., bei Uebersendung seiner Bronzebüste: „Ich muß am Schlusse des Jahres das uns nach zwei blutigen Jahreskämpfen einen ruhmvollen [143] Frieden brachte der Hand gedenken, die die Waffen schärfte mit geübtem Blick und unermüdlicher Ausdauer, mit der Preußens Heer überall siegte und unvergängliche Lorbeern sich und dem Vaterlande erkämpfte. Empfangen Sie als ein Zeichen meiner innigsten Dankbarkeit am heutigen Weihnachtsfeste die Züge dessen, der nie aufhören wird, sich Ihrer Mühe zu erinnern! Ihr dankbarer und treuergebener Wilhelm.“ Am 31. December 1871 nahm der König R. die Last des Marineministeriums ab und am darauffolgenden 28. Jan. wurde er zum Mitgliede des Herrenhauses auf Lebenszeit berufen. Eine neue Ausstattung von 300 000 Thalern sollte bald darauf folgen. Hiemit war aber die Reihe seiner Auszeichnungen noch nicht erschöpft: Am 1. Januar 1873 ernannte ihn Kaiser Wilhelm, unter Belassung in seinem bisherigen Dienstverhältnisse, mittelst eines neuen schmeichelhaften Schreibens zum Generalfeldmarschall. In Straßburg erhielt das Fort Nr. 3 seinen Namen. Am 2. September 1873 verlieh ihm der König den schwarzen Adlerorden in Brillanten. Sein fortgesetzt leidender Zustand hatte endlich den erbetenen Abschied zur Nothwendigkeit gemacht. Er erfolgte am 9. December 1873. R. ging nach Lugano, wo er im Frühjahr 1874 von den Officieren und Beamten des Kriegsministeriums ein Ehrengeschenk, das in einer prachtvollen Porzellanvase mit der Ansicht des Kriegsministeriums bestand, erhielt. Er antwortete in einem schönen Schreiben an seinen Nachfolger im Ministerium, den Generallieutenant v. Kameke. Nachdem er von seinen Gütern aus zuweilen noch an den Verhandlungen des Herrenhauses Antheil genommen hatte, erkrankte er im Februar 1879 in ernsterer Weise. Der greise Kaiser besuchte ihn am 21. Februar an seinem Krankenbette im Hôtel de Rome. Zwei Tage darauf starb er. Sein Sohn, Oberst Waldemar v. R., meldete dem erschütterten Monarchen den Heimgang. Generalsuperintendent Dr. Büchsel sprach bei dem Trauergottesdienst in der Berliner Garnisonskirche die folgenden bedeutsamen Worte: „Und wie heute Ehre und Liebe diesen Sarg reich geschmückt haben und Kampfes- und Kriegsgenossen diesem Treuen das Geleite geben, so gebe Gott dem Könige und dem Vaterlande allezeit Männer, die treu zu Gott stehen, Männer, die allezeit wie der Kriegsminister Roon nicht nur Gottes Wort lieben, sondern deren Streben und Trachten ist, wie es das seine war, die Reinigung als Christ, um allezeit treu und bereit zu stehen, wie Roon es stand, mit Gott für König und Vaterland“. Seine Leiche wurde in der Familiengruft zu Crobnitz beigesetzt.

v. Goßler, Graf Albrecht v. Roon, im dritten Beiheft zum Militär-Wochenblatt 1879. – Generalfeldmarschall Albrecht Graf v. Roon, Gütersloh 1888. – A. E. Brachvogel, die Männer der neuen deutschen Zeit. Hannover 1873. – Im Laufe des Jahres 1889 sollen in der „Deutschen Revue“ Erinnerungen an den Generalfeldmarschall Grafen v. Roon nach hinterlassenen Papieren desselben erscheinen.
B.