Подонь (Українська Вороніжчина) в культурному житті України/Resüme
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Arkadij Žywotko:
(Das ukrainische Woronischland)
im geistigen Leben der Ukraine.
Der Grenzstreifen zwischen dem ukrainischen und dem grossrussischen Siedlungsraum, der durch die Provinzen Woronisch und Kursk sowie durch das Dongebiet hindurchgeht, wurde erst im 17. und 18. Jahrhundert dichter bevӧlkert.
Die ersten Siedler, die in diesen Gegenden erschienen, waren die ukrainischen Kosaken. Hier und in der benachbarten Provinz Charkiw schufen sie eine neue Gebietseinheit, die sogenannte Sloboden-Ukraine, die nach, als unter dem Namen des Gouvernements Sloboden-Ukraine einen Bestandteil des Russischen Reiches bildete und bis zum Jahre 1765 autonome Rechte besass.
An der Wende des 18–19. Jahrhunderts, und zwar in den Jahren 1779–1802, wurde ein Teil dieses Gebietes verwaltungsmässig vom Gouvernement Sloboden-Ukraine abgetrennt und an die Gouvernements Woronisch und Kursk angeschlossen. Es wurden daraus die Bezirke Bohutschar, Byrjutsch, Walujky, Ostrohoshsk und Teile anderen Grenzbezirke des Gouvernements Woronisch sowie die Bezirke Hrajworon, Nowyj Oskol, Putywl und Teile anderer Grenzbezirke des Gouvernements Kursk. Die Sloboden-Ukraine selbst erhielt den Namen des Gouvernements Charkiw.
Im Jahre 1917, als das ukrainische Volk an die Schaffung eines eigenen Staates heranging, begehrte die Bevӧlkerung der an das Gouvernement Woronisch angeschlossenen Bezirke in einer Reihe einstimmiger Entschliessungen die Eingliederung dieser Bezirke in den Bestand der ukrainischen Länder und die Wiederherstellung der Sloboden-Ukraine. Diese Volksbewegung gipfelte in der Bildung eines Rates der Sloboden-Ukraine in Charkiw, während anderseits die Ukrainische Zentralrada in Kyjiw die Region Ostrohoshsk, in der sich die genannten Bezirke des Gouvernements Voronisch zusammenschlossen, zu einem Bestandteil der ukrainischen Länder erklärte. Als im Jahre 1918 eine Gliederung der Ukraine in einzelne Länder durchgeführt werden sollte, erhielt diese Region von der Ukrainischen Zentralrada den Namen „Podonj“, d. h. das Oberdongebiet. Die neue Gebietseinheit umschloss die Bezirke Byrjutsch, Bohutschar, Walujky und Ostrohoshsk des Gouvernements Woronisch, Nowyj Oskol des Gouvernements Kursk und Teile der Bezirke Korotojak im Gouv. Woronisch, Korotscha im Gouv. Kursk und Starobilsk im Gouv. Charkiw.
Zum geistigen Mittelpunkt des ukrainischen Volkslebens in diesem Lande gestaltete sich die 1653 gegründete Stadt Ostrohoshsk.
Die Sowjetregierung nahm eine neue Gebietseinteilung vor. Die Folge davon war der Rückgang des Prozentsatzes der ukrainischen Bevölkerung und die entsprechende Zunahme des Prozentsatzes der grossrussischen Bevölkerung. Insbesondere wirkte sich dies im Bezirke Ostrohoshsk aus, wo die ukrainische Bevölkerung durch die neue Gebietseinteilung von 90,3 auf 50,9 v. H. zurückging. Dieses Ergebnis wurde dadurch erzielt, dass Gebietsteile aus anderen rein russischen Bezirken angeschlossen und Gebietsteile mit rein ukrainischer Bevölkerung abgetrennt wurden, zugleich wurden ukrainische Einwohner umgesiedelt und durch russische ersetzt.
Bereits beim ersten Blick auf das ukrainische Oberdonland gleich nach dem Ueberschreiten der ethnographischen Grenze fällt ins Auge der krasse Unterschied in der Beschaffenheit der Landschaft, des Menschenschlages und des Alltagslebens.Bauten, Kleidung, Sitten und Bräuche schlingen ein festes Band zwischen dem Ukrainer aus dem Oberdonland und der übrigen Ukraine, dem ganzen ukrainischen Volke.
Die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Donukrainern und den benaachbarten Grossrussen zeichnen sich durch verhaltene oder offene Missachtung aus,was sich namentlich in der verschwindend geringen Zahl von Mischehen äussert. Einzig auf dem Gebiete des Handels und des Gewerbes sind die Wechselbeziehungen etwas lebhafter.
Die russische Zarenregierung betrieb hier gegenüber den Ukrainern eine ausgesprochene Politik der Entvolkung. In erster Linie kam dies in der Schulpolitik zum Ausdruck. Ein Gebiet, das nahezu ausschliesslich von Ukrainern bevölkert ist, blieb jahrhundertelang ohne ukrainische Schulen. Das ukrainische Volkslied wurde mit Hilfe der Ortsbehӧrden und der russischen Kulturträger durch das russische verdrängt, die ukrainische Sprache war aus dem Amtsverkehr ausgeschlossen und wurde geflissentlich verhöhnt, rein ukrainische Familiennamen wurden durch russische ersetzt Selbst die geringfügigste Äusserung des völkisch-ukrainischen Kulturlebens stiess auf Verbote und Verfolgungen.
Die Revolution von 1917 brachte auch diesem Lande die Freiheit. Es sprengte seine Fesseln, ein reges ukrainisches Kulturleben brach sich Bahn, überall im Lande bildeten sich Keimzellen, die eine üppige Blute versprachen. Nachdem aber die Sowjetregierung dieses Gebiet eroberte, war es bald auch mit den ukrainischen Hoffnungen zu Ende. Die Sowjets setzten sich über den ausdrücklichen Willen der Bevӧlkerung hinweg und beliessen das Gebiet in den Grenzen Russlands, indem sie es nicht der Ukraine, sondern dem Gouvernement Woronisch angliederten und die ӧrtliche ukrainische Bevӧlkerung in die Stellung einer vӧlkischen Minderheit drängten.
Was aber eine völkische Minderheit im Sowjetstaate zu gewärtigen hat und in welchem Masse ihre geistigen Bedürfnisse befriedigt werden, davon mögen die nachstehenden Tatsachen einen annähernden Begriff geben.
Insgesamt lebten im Jahre 1924/25 ausserhalb der eigentlichen Ukrainischen Sowjetrepublik 6,5 Mill. Ukrainer. Das war also die ukrainische völkische Minderheit im restlichen Raume der Sowjetunion. Von den Kindern dieser Minderheit genossen nun den Schulunterricht in der ukrainischen Muttersprache sage und schreibe nur 5 v. h. ihrer Gesamtzahl. Von den 1,784.459 Analphabeten, die sich unter jenen 6,5 Mill. Minderheitsukrainern befanden und in aller Eile des Lesens und Schreibens gelehrt werden sollten, waren nur 3 v. H. in ihrer Muttersprache dem Licht der Bildung zugeführt worden. Anstalten für Vorschulbildung, etwa Kindergarten und ähnliches, besassen diese Minderheitsukrainer überhaupt keine.
Was das ukrainische Oberdonland betrifft, so lebten dort im fraglichen Jahre nach Angaben der Sowjetstatistik 1,045.029 Ukrainer. Aber diese Million ukrainischer Einwohner besass lediglich 12 Schulen mit ukrainischer Unterrichtssprache.
Ganz anders war die grossrussische Minderheit in der Ukraine versorgt. Von den 2,677.166 Russen, die in der Sowjetukraine lebten, waren die Kinder zu 94,5 v. H. mit Schulen in russischer Sprache betreut.
Aehnlich verhielt es sich im Bereiche der Versorgung mit periodischen Druckschriften. Die 6,5 Millionen Ukrainer in der übrigen Sowjetunion besassen gegen Ende 1928 lediglich eine einzige Zeitschrift in ukrainischer Sprache. Vier Jahre später besassen sie drei Zeitungen, aber keine einzige Zeitschrift in ukrainischer Sprache; von diesen drei Zeitungen erschien die eine im Oberdonland mit seinen 1,045.029 Ukrainern.
Indessen war die Versorgung der russischen Minderheit in der Ukraine eine ganz andere. Die 2,7 Millionen Russen, die 1931 in der Sowjetukraine lebten, besassen nicht weniger als 11 Zeitungen, davon 9 Tagesblätter, und ganze 24 Zeitschriften.So sehr aber die zaristische wie die bolschewistische russische Regierung sich alle Muhe gab, das Oberdonland von der Ukraine zu trennen und seine Bevölkerung zu russifizieren, sind doch Land und Volk ukrainisch geblieben. Sie haben ihre Zugehörigkeit zur Ukraine nie verleugnet und bei jeder Gelegenheit ihren festen Willen kundgetan, mit der übrigen Ukraine verbunden zu sein und ihr Schicksal zu teilen.
Kulturell hat dieses Land seine Safte stets aus der Ukraine gezogen, indem es sein Antlitz nicht nach Osten, sondern nach Westen wandte. Es war aber nicht nur der Nehmende, sondern auch der Gebende. Die ukrainische Kultur verdankt diesem Lande viele wertvolle Beitrage, die bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts zurückreichen und sich in die jüngste Gegenwart fortpflanzen. Der hervorragendste ukrainische Geschichtsschreiber der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts, Prof. M. Kostomarow, ist ein Sohn des Oberdonlandes. Zahlreiche andere ukrainische Wissenschafter, Schriftsteller, Künstler und Dichter stammen aus diesem Lande, so der Volkskundler M. Dykariw, der Publizist und Literaturkritiker O. Kowalewskyj, der Botaniker J. Leptschenko, der Dichter O. Kowalenko. Die Reihe schliesst einstweilen der namhafte Dichter E. Pluschnyk, der kurz vor Ausbruch des gegenwärtigen Krieges in seinem 38. Lebensjahre in der Blüte seines Schaffens als Verschickter im hohen Norden der bolschewistischen Ukraine-Politik zum Opfer gefallen ist.